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100 Jahre Fußballplatz Falkenburg

19.08.2023

Am 19. August 1923 erfolgte die offizielle Platzweihe des neuen Fußballplatzes Falkenburg durch den Ballsportklub Vimaria Weimar. Mit dem folgenden Beitrag wollen wir an dieses besondere Ereignis erinnern.

Vor 100 Jahren hatte der Sportplatz an der Belvederer Allee bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Vor dem 1. Weltkrieg hatte der Weimarer Tennis Klub 1912 Tennisplätze auf dem Gelände des späteren Fußballplatzes betrieben, die allerdings im 1. Weltkrieg Ackerland weichen mussten.

Im Jahr 1921 bemühte sich der Ballspielklub Vimaria um die Errichtung eines eigenen Sportplatzes. Dieser Verein war am 1. Juli 1903 gegründet worden und war bis zum 2. Weltkrieg neben dem SC 1903 Weimar einer der führenden Sportvereine der Stadt.

Der Erste Versuch, ein Grundstück an der Röhrstraße für einen Fußballplatz zu kaufen, scheiterte noch an den unverschämten Forderungen des Besitzers.
Eine zweite Möglichkeit ergab sich nun an der Belvederer Allee. Die Gebietsregierung wollte das Gelände der ehemaligen Tennisplätze wieder an den Tennisklub übertragen, der das aber ablehnte, da mittlerweile Grundstücke hinter dem Schwansee für neue Tennisplätze erworben wurden. Diesen Umstand nutze der Vorstand des BC Vimaria zu Verhandlungen, die mit der Eingabe um Überlassung des Geländes an der „Falkenburg“ am 19. Juli 1921 einen ersten Erfolg erzielten. Nun musste der Vorstand die Verträge mit den einzelnen Pächtern, die das in Parzellen eingeteilt Land gepachtet hatten, noch ablösen.

Der Verein musste sich auch verpflichten, den neu zu errichtenden Fußballplatz auch für den Arbeitersport zur Mitbenutzung freizugeben. In der damals politisch aufgeladenen Zeit hatte der BC Vimaria als konservativer Sportverein kein Interesse an der Zusammenarbeit mit einem Arbeitersportverein. In der Festschrift des BC Vimaria aus dem Jahr 1928 wird nur etwas verächtlich vom A r b e i t e r s p o r t k a r t e l l gesprochen.
Letztlich konnte man aber die Gebietsregierung davon überzeugen, den konkurrierenden Sportverein aus dem Projekt zu drängen, da sich das Arbeitersportkartell von den Arbeiten vollkommen fernhielt.

Neue Verhandlungen führten nun zur Verlängerung des ursprünglich zehnjährigen Pachtvertrages bis in das Jahr 1950. Die Finanzierung des Platzbaus erfolgte durch ein Depot von 100 Dollar bei der Commerzbank. [1]

Nun konnte der Sportplatzbau erfolgen.

Am 7. Oktober vermeldete Vimaria Weimar:
Ab dem 8. Okt. 1921. Sportplatz: An der "Falkenburg" Weimar.
Umkleidelokal: Gasthaus "Zum Schwan" Ober-Weimar
[2]

Über die Eröffnung des neuen Sportplatzes berichtete am 14. Oktober 1921 auch das Jenaer Volksblatt: [3]
Eröffnung des Vimaria-Sportparks an der Falkenburg
Die Sonne strahlte mit sommerlicher Wärme, als am Nachmittag des 9. Oktober ein Schwarm von Spaziergängern und Sportfreunden die Belvederer Allee nach der Falkenburg zu strömte. Hier war innerhalb 8 Tagen ein Sportplatz entstanden, wie ihn sich der Sportler und Naturfreund nicht besser denken und wünschen konnte. Umrahmt von alten, malerisch liegenden Baumgruppen und Gebüschen in farbenprächtiger Herbststimmung lag vor dem Beschauer, glatt wie ein Tisch, von einem durchsichtigen Maschendrahtzaun umschlossenen, das große Hauptspielfeld, seinerseits umrahmt von einer sauber gearbeiteten Barriere. Zu beiden Seiten des Feldes je ein nach den neuesten Errungenschaften gebautes Tor mit fester Maschendrahtbespannung. Zur Feier des Tages hatte man am Eingang und an jedem Ende des Platzes an hohen Stangen befestigte Fahnen aufgestellt. Etwa 2000 Zuschauer umrahmten das Spielfeld, als die stattliche Ligamannschaft des Sportklub Erfurt, freudig begrüßt, das Feld betrat, um so als erste zusammen mit der Ligamannschaft des Platzinhabers B.C. Vimaria das Eröffnungsspiel auszutragen.


Das Verbandsspiel endete mit einer 0:3-Niederlage für die neuen Platzherren.
Die scheinbare Erfolgsgeschichte dauerte allerdings nicht lange. Der BC Vimaria hatte im Sommer 1921 insgesamt 14 Fußballmannschaften (5 Herren-, 4 Jugend-, 2 Knaben- und 2 Alte-Herrenmannschaften), eine Handballabteilung für Damen und Herren, eine Faustballabteilung, eine Abteilung für Leichtathletik und eine in Aufstellung begriffene Hockeyabteilung. So viele sportliche Aktivitäten nur auf einer Wiese – das konnte nicht gut gehen.

In der Festschrift „25 Jahre BC Vimaria wurde 1928 die Situation wie folgt beschrieben:
Da der Platz aber infolge der ungünstigen Bodenverhältnisse sehr schlecht, ja Ostern 1922 sogar vollkommen unbespielbar war, mussten wir uns entschließen, das große Spielfeld vollkommen neu herzustellen. Auf Anraten von Fachleuten gingen wir deshalb dazu über, eine Neuerung durchzuführen, die sich später recht gut bewähren sollte. Mit Hilfe einer Mischung von Kalkasche (Schlacke, Asche, Kalk und Tuffsand) wurde eine vollkommen neue Decke hergestellt, die seinerzeit die scherzhafte Bezeichnung "Gummibetondecke" erhielt. [1]
Das war zweifelsohne die Geburtsstunde des Hartplatzes Falkenburg.

Sportplatz Falkenburg
Falkenburg ca. 1928 [1]  

Im April 1923 erfolgte die Gründung des Tennsiklub Falkenburg Abteilung des BC Vimaria e.V. Die Tennisplätze wurden an der Südseite des Platzes errichtet.
Die offizielle Platzweihe des Sportplatzes Falkenburg erfolgte nun am 19. August 1923 mit einem erneuten Spiel gegen den SC. Erfurt, was diesmal mit 2:1 gewonnen werden konnte. Neben dem Fußballspiel wurden auch alle übrigen Sportarten des Vereins, wie Tennis, Hockey, Leichtathletik vorgeführt. Die Weiherede hielt das auswärtige Vereinsmitglied Herr Pfarrer Linsenbarth aus Gerstungen vor Vertretern der Stadt Weimar (u.a. Oberbürgermeister Dr. Müller) und anderen Vereinen sowie der Presse. [1]

Allgemeine Thüringische Landeszeitung Deutschland 18.08.1923
Allgemeine Thüringische Landeszeitung Deutschland 18.08.1923 [9]

Die folgende Liste von überregionalen Spielen des BC Vimaria verdeutlicht die Bedeutung, die der Sportplatz Falkenburg in der Zeit von der Eröffnung bis zum 2. Weltkrieg innehatte:

  • 10.09.1922: Spiel gegen Bayern Nürnberg mit 1:5 verloren
  • April 1923: Spiel gegen Sturm Innsbruck mit 5:2 gewonnen
    Diesmal war es ein österreichischer Bruderverein, der FC Sturm Innsbruck. Die Gäste, die schon am Sonnabend in Apolda gespielt hatten, machten trotz hohen technischen Könnens einen ermüdeten Eindruck und verloren 5:2. Ihr Erscheinen bedeutete jedoch trotzdem ein Ereignis für Weimar, wobei die Teilnahme der Einwohnerschaft eine außerordentlich starke war. [1]
  • 10.06.1923: Spiel gegen Köln-Mühlheim mit 2:0 gewonnen
  • 17.06.1923: Spiel gegen den Deutschen Altmeister VfB Leipzig mit 0:4 verloren
  • 20.04.1924: Spiel gegen Sparta Karlsbad mit 3:1 gewonnen

    Sparta Karlsbad (helle Kleidung) und Vimaria I.
    Sparta Karlsbad (helle Kleidung) und Vimaria I. [5]
    Im Hintergrund ist der Steinbrückenweg zu sehen
  •  08.07.1924: Spiel um die "Goldene Vimaria-Plakette" gegen Sportvereinigung Eger mit 2:1 gewonnen
  • 1925: Spiel gegen Spielvereinigung Fürth mit 0:12 verloren
    Das Jahr 1925 brachte uns insofern eine besondere Sensation, als es gelungen war, den mehrfachen deutschen Meister Spielvereinigung Fürth zu verpflichten. Das Spiel, das vor einer Rekordzuschauerkulisse von über 2500 stattfand, endete mit 12:0 zugunsten des Meisters, der ein geradezu fabelhaftes Kombinationsspiel mit wuchtigen Torabschluß vorführte, wobei er allerdings den weniger schönen Zug zeigte, drei wegen zweifelhaften Handspiels verhängte Elfmeter zu verwandeln. [1]
  • 1927: Spiel gegen Sportfreunde Leipzig mit 5:2 gewonnen
    Damit war in kurzer Zeit der dritte führende Verein Groß-Leipzigs geschlagen worden, gewiß ein Beweis dafür, daß die Vorherrschaft der Großstadt gegenüber der Provinz immer mehr schwindet. [1]
  • 20. Juli 1930: Spiel gegen eine Sizilianische Auswahlelf
    Der BC. Vimaria hat vom Deutschen Fußballbund die Genehmigung zu einem Sonderspiel gegen die Sizilianische Auswahlmannschaft am Sonntag im Sportpark an der Falkenburg erhalten. In Anbetracht der außerordentlichen Spielstärke der Gäste werden die Weimarer in verstärkter Aufstellung antreten. Sie haben zu dem Zweck ihre auswärtigen Mitglieder Hötsch (Ulm) und Binding (Wiesbaden) mit aufgestellt. [4]
Im Jahr 1927 zerstörte ein großes Unwetter den Fußballplatz und die Tennisplätze. Nur Dank finanzieller Opfer und durch Unterstützung durch das Landesamt für Leibesübungen gelang es, die Schäden zu beseitigen.

In welchem Verhältnis stand der BC Vimaria damals zu unserem VfB Oberweimar?
Die Frage lässt sich mit einem Bericht aus der Vereinszeitung des BC Vimaria Weimar vom April 1924 beantworten:
Die 3. Mannschaft erzielte in 5 Spielen, von denen sie ebenfall 3 gewann, 1 untenschieden spielte und 1 verlor, ein Torverhältnis von 9:8 Toren. Das ungünstige Torverhältnis verdankt sie ihrer katastrophalen Niederlage gegen ihren schärfsten Rivalen, dem V. f. B. Oberweimar von 2:5, wogegen sie ihren guten Ruf am Sonntag vor Ostern durch das Unentschieden 1:1 gegen den S. C. Weimar II wieder unter Beweis stellte. [5]
Unser kleiner Vorstadtverein konnte damals nur der 3. Mannschaft Paroli bieten.
 
BC Vimaria 1936
1. Mannschaft des BC Vimaria 1936 auf der Falkenburg [6]
 
Falkenburg 1944
Luftbildaufnahme vom Sportplatz Falkenburg vom August 1944 [8]    
Hinter dem Fußballtor auf der Parkseite sind die Tennisplätze zu erkennen.


Was ist aus der BC Vimaria geworden?
Im Gegensatz zum SC 1903 Weimar oder auch dem VfB Oberweimar schaffte es der Verein von der Falkenburg nicht, die Transformation in eine Betriebssportgemeinschaft während der DDR-Zeit zu vollziehen.
1947 spielte man unter den Namen Sportgemeinschaft Falkenburg Weimar und später Fortuna Weimar weiter an der Belvederer Allee. Im Jahr 1950 wurde der Verein allerdings aufgelöst und die Fußballer wechselten entweder auf den Parksportplatz zu unserem Verein, der damals den Namen BSG Einheit Oberweimar trug, oder auf den Lindenberg. [7]
Das Ende der Vereinsgeschichte könnte nicht zuletzt an den politischen Einstellungen des BC Vimaria in der Vorkriegszeit gelegen haben. Als national-konservativer Sportverein gab es mit dem „Arbeitersportkartell“ ein klares Feindbild. Mit solchen Ansichten hatte man im gerade gegründeten Arbeiter- und Bauernstaat vermutlich nicht die besten Karten.

Nach einer umfangreichen Sanierung inklusive Errichtung einer 400-Meter-Bahn war die Falkenburg als „Sportplatz der Einheit“ ab 1955 die Heimspielstätte der BSG Motos Süd Oberweimar – und das ist nun wieder ein Teil unserer eigenen Vereinsgeschichte.

Wolfram Keller

Hinweise, Ergänzungen aber auch gern Kritiken bitte an folgende Kontaktdaten richten:
wolfram.keller@vfb-oberweimar.de
0151/55041613

Weitere Informationen:
Unsere Pressearchiv: Vimaria kickte einst an der Falkenburg (Thüringer Allgemeine 12.08.2023) Unser Pressearchiv: Stichwort Falkenburg
Unser Fotoarchiv:  Ballspielclub Vimaria Weimar von 1910 bis 1949

Quellen:
[1] 25 Jahre BC Vimaria Weimar 1903 - 1928, Archiv Landesportbund Thüringen, 1928
[2] Gau Ostthüringen (Jenaer Volksblatt 07.10.1921)
[3] Eröffnung des Vimaria-Sportparkes an der Falkenburg (Jenaer Volksblatt 14.10.1921)
Unsere Pressearchiv: Eröffnung des Vimaria-Sportparkes an der Falkenburg (Jenaer Volksblatt 14.10.1921)
Digitalisierung: Universal Multimedia Electronic Library (UrMEL) https://www.urmel-dl.de/
[4] Sonderspiel des BC. Vimaria Weimar gegen die Sizilianische Auswahlelf (Jenaer Volksblatt 18.07.1930)
Unsere Pressearchiv: Sonderspiel des BC. Vimaria Weimar gegen die Sizilianische Auswahlelf (Jenaer Volksblatt 18.07.1930)
Digitalisierung: Universal Multimedia Electronic Library (UrMEL) https://www.urmel-dl.de/
[5] Vereinszeitung Ballspiel-Club „Vimaria“ e.V. vom April 1924 
[6] Lothar Koch, privates Foto
[7] Gerhard Richter, persönliche Erinnerungen
[8] Freistaat Thüringen Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation, „Geoportal-Th.de,“ Bildflug-Nr. 194303, Bild-Nr. 4052 vom 23.12.1943
[Online]. URL: https://www.geoportal-th.de/de-de/Downloadbereiche/Download-Offene-Geodaten-Thüringen/Download-Luftbilder-und-Orthophotos
[9]Stadtarchiv Weimar

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